Fehmi Baumbach
Fehmi Baumbach, Foto: Jan Casagrande
Fehmi Baumbachs Collagen liegen hinter dem Sichtbaren und kommen nach dem Trivialen. Mit Schere und Faden erstellt sie eine Landkarte der unsichtbaren Zusammenhänge, die die Welt im Innersten zusammenhalten. Ihr sensitiver Ansatz stürzt winzige Dörfer in planetarische Stürme, wühlt die See auf, vermisst das Ei und übersetzt mühelos die indigene Sprache der Erde. Lassen Sie mich Ihnen ein Beispiel geben: Wenn Fehmi Baumbachs Ziggy Stardust die eigenen Hände wie ein Geweih aus der Stirn sprießen, dann wirkt das auf eine seltsame Weise richtiger als der eigentliche Ziggy. Es ist, als optimiere die Künstlerin durch Metamorphose. Nicht klinisch, sondern intuitiv.
Fynn Steiner
Collages (2017/2018)
Durch Fehmi Baumbachs Collagen finden ursprüngliche Ideen zu ihrer natürlichen Form zurück. Der zivilisatorische und kausale Ballast fällt von den Protagonisten ihrer Bilder ab, wie eine Schicht Lehm vom Badenden. Unweigerlich gibt der Betrachter sich dem ovalen Schweben hin, dem Zungenkuss mit dem Blattwerk, der Frage, welche Farbe am besten zu einem Dreieck passt.
In ihrer Selbstbestimmtheit schafft Fehmi Baumbach auf diese Weise eine klingende Welt. Nicht zu unrecht verwies der Autor Christoph Braun („Hacken“ Klett- Cotta 2012) in diesem Zusammenhang auf die Nähe zur Popmusik. Fehmi Baumbach gleicht in gewisser Weise einer britischen Independent- Band der 70er Jahre. Frei von bourgeoisen Verallgemeinerungen und kapitalistischen Richtigkeiten erzählt sie ihrem Publikum faszinierende Kurzgeschichten aus einem Land zwischen Tarkovsky und Dan Treacy. 2009 ergab eine Studie des Max Planck Instituts, dass das Zentrum der Milchstraße nach Himbeeren schmeckt und nach Rum riecht. Wer Fehmi Baumbachs Bilder kennt, hat das schon lange vorher gewusst.
Vita
1992 bis 97 Studium der Freien Kunst an der HBK Braunschweig.
1996 Umzug nach Berlin. Dort erste Ausstellungen, die Gründung der Gruppe The Bewegungselite, die mit brachialen Mitteln leer stehende Gebäude besetzt um dort Ausstellungen und Partys zu organisieren. The Bewegungselite besetzt Häuser in Prag, Paris, Stuttgart und New York und feiert dadurch weltweite Erfolge.
2000 löst sich die Gruppe wegen übermäßiger Hohenflüge auf und Fehmi Baumbach gründet mit Jim Avignon die Kunstpartyreihe Friendly Capitalism Lounge. Zahlreiche Einzellausstellungen und Illustrationen für Tageszeitungen und Szeneheftchen folgen.
2000 tritt sie dem Popchor Berlin unter der Leitung von Almut Klotz (Lassie Singers, Flittchen Records, Klotz&Dabeler) bei und singt sich die Seele aus dem Leib.
2001 geht Baumbach in unregelmäßigen Abständen mit Jim Avignon und Almut Klotz auf Europatournee, stellt dort in kleinen Clubs aus und fungiert als DJane. Außerdem wird Baumbach vom Berliner Verbrecher Verlag gezwungen kleine Geschichten und Musikrezensionen für komische Bücher und Musikzeitschriften zu schreiben ( Mittebuch, Welt und Wissen).
2005 Geburt ihrer Tochter Mascha und die Flucht in den Wald in dem sie 2006 ihren Jagdschein macht aber kein Tier erschießen kann.
Fehmi Baumbach lebt und arbeitet in Berlin.